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Artikel über Seebrückendemo am 3.08.2018 in Beobachter News

Angriff auf linke AktivistInnen und Linken-Abgeordneten in Karlsruhe

Rassisten stören Seebrücke-Demo

Von unserer Redaktion – Karlsruhe. Unter dem Motto „Stoppt das Sterben auf dem Mittelmeer“ gründete sich in den letzten Wochen eine neue humanistische Kampagne „Seebrücke“. In vielen Städten gab es große Demonstrationen – so auch am Freitag, 3. August, in Karlsruhe. Die Kundgebung wurde jedoch von Personen aus dem rechten Spektrum gestört. Es gab auch körperliche Angriffe. 

Ziel der „Seebrücke“-Demonstrationen ist es, auf die katastrophale und lebensgefährliche Lage der Geflüchteten aufmerksam zu machen, die den Weg über das Mittelmeer suchen. Bei Temperaturen von über 30 Grad trafen sich am Abend des 3. August auf dem Platz vor der Karlsruher Stephanskirche rund 600 Personen (laut Polizei 500), die dem Aufruf des Aktionsbündnisses „Seebrücke“ gefolgt waren. Neben VertreterInnen von Parteien und Organisationen waren auch viele Privatleute und Geflüchtete dabei, die ein Zeichen für Humanität setzen wollten.

Vor Beginn der Auftaktkundgebung sammelte sich einige Meter entfernt eine Gruppe von zirka 10 Personen, darunter einige bekannte Vertreter der rechten Szene – etwa von der „Identitären Bewegung Baden“, von „Karlsruhe wehrt sich“ und der rechten Hooligangruppe „Berserker Pforzheim“. Zu Beginn der Kundgebung verstreuten sie sich zunächst in und um die Menschenmenge herum.

„Horst hau ab“

Michel Brandt, Bundestagsabgeordneter der Linken

In der Eröffnungsrede schilderte die Moderatorin den Leidensweg einer Familie, die den lebensgefährlichen Fluchtweg über das Mittelmeer nahm. Die Rednerin machte sich für sichere Fluchtwege stark. Als zweiter Redner trat Michel Brandt, Bundestagsabgeordneter der Linken, ans Mikrofon. Er forderte sichere Häfen für die Menschen, die den Fluchtweg über das Mittelmeer genommen haben. In seiner Rede berichtete der Politiker über einen Besuch auf dem Rettungsschiff „Lifeline“ und den Prozess gegen die Crew des Rettungsschiffes „Iuventa“.

„Die Abschottung von Europa muss beendet und eine gemeinsame Lösung gefunden werden, die nicht gegen das Völkerrecht verstößt“, so der Abgeordnete: „Unser neuer Innenminister sollte mehr den Humanismus vertreten und für mehr Menschlichkeit sorgen, statt mit plumpen rassistischen Parolen die Stimmung gegen Geflüchtete anheizen.“ Brandt forderte den Rücktritt Horst Seehofers.  Besonders viel Beifall erhielt der Politiker, als er sagt: „Horst hau ab“.

RassistInnen stören Kundgebung

Während Brandts Rede begann im hinteren Bereich der Kundgebung einer der Rassisten lautstark zu brüllen „Heul doch“ oder „lasst die Asylanten ertrinken“. Als linke AktivistInnen die Person aufforderten, dies zu unterlassen, kamen weitere Vertreter des rechten Spektrums hinzu. Ein kurzes Gerangel entstand, bei dem einer der Rassisten gezielt mit Faustschlägen auf linke AktivistInnen einzuschlagen begann.

Erst nach gut zwei Minuten schritt die Polizei ein und trennte die Gruppen voneinander. Während die an der Störung beteiligten Rassisten Platzverweise erhielten, nutzte ein weiterer Störer die Ablenkung und stürmte mit einem beschrifteten Pappkarton „Schlepper“ auf die Bühne. Grob schubste der Störer Michel Brandt beiseite und versuchte, das Mikro an sich zu reißen. Dies misslang jedoch durch beherztes Eingreifen, und nur wenige Augenblicke später wurde der Störer von AntifaschistInnen aus der Kundgebung geleitet.

StörerInnen in Gewahrsam

Nun klicken die Handschellen

Die Polizei nahm den Rassisten kurz in Gewahrsam, ließ ihn jedoch wenige Minuten später nach einer Personenfeststellung wieder gehen. Alle an den Störungen beteiligten Personen erhielten Platzverweise und zogen kurz darauf davon. Die Polizei rückte unterdessen massiv mit Verstärkung an und sicherte im Folgenden die Kundgebung rundherum ab. Bei einem Rassisten wurde ein Messer sichergestellt. Michel Brandt gab bekannt, dass er Anzeige gegen den Störer erstatten will.

 

Bunt und Laut für Menschenrechte

Trotz der Störungen wurde die Kundgebung fortgesetzt. Nach wenigen Minuten formierten sich die TeilnehmerInnen unter den Parolen „Refugees are welcome here!“ zu einem Demonstrationszug, der sich alsbald in Bewegung setzte. Mit Bannern, Transparenten, Flyern und Fahnen forderten die demonstrierenden lautstark „Schafft sicher Häfen“ oder „Stoppt die Kriminalisierung von Seenotrettern“. Nach einigen hundert Metern erfolgte eine Zwischenkundgebung, wo ein Geflüchteter und ein Vertreter des „Antirassistischem Netzwerkes Baden-Württemberg“ vor das Mikrofon traten.

Nach der Zwischenkundgebung liefen die DemonstrantInnen weiter durch die Innenstadt zum Marktplatz, der auch gleichzeitig der Abschlusspunkt war. Erneut versuchte eine Gruppe von Rassisten, sich in einer Parallelstraße zu formieren, um gegen die Demonstrantinnen Stimmung zu machen. Dies unterband jedoch die Polizei, unter anderem mit Beamten der Hundestaffel. Die Polizisten sicherten auch den weiteren Weg der Demonstration mit wachen Augen ab. Immer wieder wurden nun Personen angehalten, die die BeamtInnen als potenzielle Störer sahen.

Kapitän schildert Seenotrettung

Benedikt Funke, Kapitän des beschlagnahmten Schiffes „Iuventa“ der Organisation „Jugend rettet e.V.“

Auf dem Marktplatz schilderte einer der Kapitäne des beschlagnahmten Schiffes „Iuventa“ der Organisation „Jugend rettet“, Benedikt Funke, seine Erlebnisse. Der Kapitän gab Einblicke in das laufende Gerichtsverfahren und erläuterte, auf welchem Weg Politiker und Justiz versuchen, Repressionen gegen SeenotretterInnen voranzutreiben. Er führte das Völkerrecht an und informierte über die aktuelle Situation des Rettungsschiffes „Lifeline“ der NGO „Mission Lifeline“ und die Repressionen maltesischer Behörden gegen Kapitän Claus-Peter Reisch. Abschließend forderte der Münchner Kapitän „Free Iuventa“.

Karlsruhe muss ein sicherer Hafen werden

Rednerin der „Interventionistischen Linken“

Eine Rednerin der „Interventionistischen Linken“ (IL Karlruhe) forderte mehr Beteiligungen von BürgerInnen an Demonstrationen gegen rechte Entwicklungen. In Karlsruhe müsse ein anderes Denken einkehren. Die Stadt könne ein sicherer Hafen sein, indem Sie den Geflüchteten Zuflucht gebe“. Nach der letzten Rede löste sich die Versammlung auf. Viele TeilnehmerInnen blieben aber noch da, während die Technik abgebaut wurde, um sicherzustellen, dass es keine weiteren Störungen durch RassistInnen gibt.

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