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Die Situation im zentralen Mittelmeer im Januar 2021

Die ersten Wochen des neuen Jahres waren von einer kurzen Gut-Wetter-Phase im Mittelmeerraum geprägt. Die relativ ruhige See wurde von mindestens 1.276 Menschen für den Versuch der Flucht über das zentrale Mittelmeer genutzt. Mindestens 80 der Menschen ertranken vor der Küste Libyens und Tunesiens, weitere 33 im westlichen und 1 Mensch im östlichen Mittelmeer. Mit insgesamt 115 Todesfällen im Januar geht das neue Jahr leider so tödlich weiter, wie das letzte Jahr endete. Eine staatliche Seenotrettung der EU-Länder ist trotz des Sterbens weiter nicht in Sicht.

Infolge des staatlichen Versagens bei der Pflicht zur Seenotrettung waren die zivilen Rettungsschiffe Ocean Viking und Open Arms die einzigen europäischen Schiffe auf Such- und Rettungsmission im zentralen Mittelmeer. Am 2. Januar konnte die Open Arms 96 Menschen aus Seenot retten und zusammen mit den 160 am 31.12.20 an Bord genommenen Menschen schließlich am 5. Januar im Porto Empedocle (Italien) an Land bringen. Kurz darauf brach die Ocean Viking in die Rettungszone auf und konnte am 21.01. und 22.01. insgesamt vier Schlauchbooten und 374 Menschen zur Hilfe eilen – darunter 21 Babys und 35 Minderjährige. Am Morgen des 25. Januars wurden die Menschen in Augusta (Italien) an Land gebracht. 75 Weitere Menschen wurden von dem unter italienischer Flagge fahrenden Frachtschiff Asso Trenta aus Seenot gerettet und nach Lampedusa verbracht. 45 Menschen schafften es autonom fast bis an die Küste Lampedusas, wo sie in ein Unwetter gerieten und von der italienischen Küstenwache an Land gebracht wurden. Es ist gut, dass bei all diesen Rettungen schnell ein Sicherer Hafen zugeteilt wurde – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch in der EU leider die Ausnahme. Ich erwarte von Italien und Malta, dass sie sich fortan bedingungslos an diese Verpflichtung halten.

Leider wurden 469 Menschen auf der Flucht von der sogenannten libyschen Küstenwache abgefangen und zurück in die für entsetzliche Lebensbedingungen und Menschenrechtsverletzungen bekannten libyschen Lager gebracht. Ein Boot mit 145 Menschen musste aufgrund schlechten Wetters umkehren, auch diese Menschen wurden in Libyen inhaftiert.

Am 26. Januar schließlich schlugen die Witterungsbedingungen wieder um und machten weitere Überfahrten unmöglich. Da wegen des starken Windes auch das Beobachtungsflugzeug Moonbird der NGO Sea-Watch nicht fliegen konnte, kann jedoch noch schlechter als sonst gesagt werden, was auf dem Mittelmeer passiert – die Dunkelziffer der Ertrunkenen ist möglicherweise hoch.