Aktuelles,  Menschenrechts-Ausschuss

Die Situation im zentralen Mittelmeer im September 2020

Im September wurden die zivilen Rettungsschiffe Sea-Watch 4 und Mare Jonio durch die italienischen Behörden festgesetzt. Seit Anfang April waren auch die Aita Mari, Alan Kurdi, Ocean Viking und Sea-Watch 3 mit schwachen Scheinargumenten, die langfristig bisher in keinem Fall haltbar waren, blockiert. Das Vorgehen der europäischen Behörden ist eindeutig politisch motiviert, zielt kalkuliert auf die Blockade von Rettungsmissionen ab und hat ganz offen das Verschwinden der zivilen Akteure aus dem Mittelmeerraum zum Ziel. Niemand soll mehr die Leben Fliehender retten, niemand soll die Verbrechen der EU beobachten.
Während also mehrere Rettungsschiffe, die eigentlich einsatzbereit wären, in den Häfen zur Tatenlosigkeit verdammt sind und an der Kette liegen, sind im September nach Informationen der Organisation Alarm Phone rund 200 Menschen im Mittelmeer verschollen und ertrunken. Die IOM (Internationale Organisation für Migration) bestätigt davon bisher rund 95 Todes- und Vermisstenfälle. Parallel wurden laut IOM 1.447 Menschen von der sogenannten libyschen Küstenwache aufgegriffen und zurückverschleppt. Insgesamt sind dieses Jahr bereits 9.448 solcher „Push-Backs“ bekannt – mehr als im ganzen Jahr 2019. Vor den furchtbaren Zuständen in den libyschen Folterlagern, in welchen rund die Hälfte dieser Menschen interniert werden, hat Amnesty International erst diesen Monat wieder in einem Report berichtet. Die andere Hälfte der Menschen, auch darüber schreibt Amnesty, verschwindet spurlos oder wird illegal in der Wüste an der Grenze zu den südlichen Nachbarstaaten ausgesetzt.
Glücklicherweise konnten im September 409 Menschen aus Seenot gerettet werden. 133 wurden von der Alan Kurdi aufgenommen und auf Sardinien an Land gebracht, 276 von der Open Arms. Dieser wurde tagelang Zugang zu einem Hafen verwehrt, bis schließlich 125 Menschen aus Verzweiflung über Bord sprangen und versuchten an Land zu schwimmen. Alle Menschen wurden von der italienischen Küstenwache gerettet. Auch der Alan Kurdi wurde erneut etwa eine Woche lang ein Hafen verwehrt. Die Mare Jonio übernahm vor ihrer Festsetzung die 25 Menschen, die am 5. August vom Öltanker Maersk Etienne gerettet worden waren, und brachte sie ganze 38 Tage (!) nach ihrer Rettung an Land.
Ein Monat und 200 Tote, fast 1.500 Push-Backs in schreckliche Lager, wieder mehrere Stand-Offs und schließlich zwei Festsetzungen von dringend in der Rettungszone benötigten Schiffen. So kann es nicht weitergehen. Wir müssen gemeinsam das Ruder herumreißen und für eine menschliche, soziale und solidarische Politik kämpfen!