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Kleine Anfrage Illegale Pushbacks Asylsuchender durch griechische Grenzbeamte in der Türkei | Drs. 19/21722

Die Bundesregierung gibt an, über illegale Pushbacks von Griechenland in die Türkei in 2019 nichts außer der üblichen Medienberichterstattung zu wissen. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 19/21722). Zu den zahlreichen Berichten vom Spiegel sowie von Menschenrechtsorganisationen, dass Griechenland in 2019 fast 60.000 Geflüchtete illegal in die Türkei abgeschoben haben soll, kein Wort von der Bundesregierung. Vor dem Hintergrund, dass deutsche Grenzschutzbeamte in Griechenland tätig sind und die Bundesregierung den EU-Türkei-Deal unterstützt, ist das eine unverantwortliche Haltung.

Sowohl an der griechisch-türkischen Landgrenze als auch entlang der Seegrenze zur Türkei ist die Praxis illegaler Pausbacks sehr gut dokumentiert. Die Bundesregierung bringt damit zum Ausdruck, dass sie Menschenrechtsverletzungen stillschweigend duldet. Offenbar sollen die guten Beziehungen zu Griechenland nicht gestört werden. Zur Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen durch die griechische Küstenwache antwortet die Bundesregierung gar nicht erst öffentlich. Dies könne „Auswirkungen für die bilateralen Beziehungen von Deutschland und Griechenland haben und somit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein.“

Auch bei der Aufklärung im Fall der mutmaßlichen Tötung von Muhammad Gulzar an der griechisch-türkischen Grenze am 4. März 2020 durch griechische Beamte bleibt die Bundesregierung völlig untätig. Über Asylsuchende, die bei ihrer Ankunft in Griechenland verschwanden und später auf Rettungsplattformen und unbewohnten Inseln ausgesetzt wieder auftauchten, gibt die Bundesregierung ebenfalls vor, nichts zu wissen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sie auf die Frage nach der Rechtskonformität solcher Vorgehensweisen schreibt, es lägen „nicht alle, für eine rechtliche Bewertung erforderlichen Detailkenntnisse zu den tatsächlichen Umständen“ vor. Das ist zynisch.

Die Antwort auf die Frage, welche Rolle deutsche Beamten bei der Grenzschutzagentur FRONTEX in der Ägäis und an der griechisch-türkischen Grenze spielten, ist als Verschlusssache gekennzeichnet und somit nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Auch die Frage, ob die griechische Küstenwache in hohem Tempo an Booten geflüchteter Menschen vorbeifuhr und so gezielt akute Gefahrensituationen erzeugte, ist natürlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Das alles zeigt: Die Bundesregierung nimmt Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Genfer Flüchtlingskonvention durch EU-Mitgliedsstaaten stillschweigend hin. Dabei sind Pushbacks schon lange keine Einzelfälle mehr. Sie sind zumindest bei griechischen und maltesischen Behörden zur Norm geworden und verstoßen nicht nur gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, sondern auch gegen die Charta der Grundrechte der EU sowie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese Abschottungspolitik geht auf Kosten von Menschenleben. DIE LINKE fordert eine Rückkehr zum Völkerrecht und eine menschenrechtsbasierte Geflüchtetenpolitik.