Menschenrechts-Ausschuss

Parlamentarierschutzprogramm: Patenschaft für von kolumbianischen Aktivist Abel Coicue

Kolumbien ist das Land mit den bei weitem meisten Morden an Menschenrechts- und Umweltaktivist*innen. 2018 wurden von der NGO Frontline Defenders 126 Mordfälle dokumentiert. Betroffen sind in den allermeisten Fällen Angehörige indigener Gemeinden. 43 Indigene wurden 2019 alleine in der Region Cauca von Paramilitärs getötet, doppelt so viele wie im Jahr zuvor. In dieser Region lebt auch Abel Coicue.

Abel ist ein ranghohes Mitglied des Nasa-Volkes der indigenen Gemeinde Huellas Caloto und in mehreren regionalen und überregionalen Verbänden und Organisationen indigener Menschen aktiv. Nachdem seine 11-jährige Tochter ermordet und er von Paramilitärs bedroht und verfolgt wurde, musste Abel Mitte letzten Jahres im Rahmen eines temporären Fluchtprogramms nach Spanien fliehen. Obwohl Abel noch immer massiven Drohungen akuter Gefahr ausgesetzt ist, musste er am 10. Oktober 2019 nach Ablauf der Fluchtprogramms nach Kolumbien zurückkehren. Um von hier aus im Rahmen unserer Möglichkeiten zu seinem Schutz beizutragen, haben wir Abel Coicue in das Parlamentarierschutzprogramm aufgenommen und ich habe die Patenschaft für ihn übernommen.

Zum Hintergrund: Seit der Unterzeichnung des Friedensvertrages zur Beendigung des bewaffneten Konflikts zwischen der kolumbianischen Regierung und der früheren Guerilla FARC im Jahr 2016 hat die Gewalt gegenüber Anführer*innen und Mitgliedern der indigenen Gemeinden und in vielen Fällen deren Ermordung ein derartiges Ausmaß erreicht, dass bereits von einem Völkermord die Rede ist. Hinter der Gewalt stecken wie in vielen latein- und mittelamerikanischen Ländern ökonomische Interessen. In einem Interview erklärt Abel: „Kolumbien ist ein sehr diverses Land mit vielen natürlichen Rohstoffen. Die Augen aller multinationalen Firmen sind auf unsere Bodenschätze gerichtet.“ Doch um diese ausbeuten zu können, so Abel, müssen indigene Gemeinden von ihrem ihnen verfassungsrechtlich zugesicherten Land vertrieben werden. „Dazu generieren sie den Krieg, damit wir unser Land verlassen. Einerseits, indem sie alle Gesetze, die uns schützen, abschaffen, andererseits mit Ermordungen durch Paramilitärs, das Militär und durch illegale bewaffnete Gruppen.“

Auch deutsche Unternehmen profitieren von der Entrechtung und Enteignung von und Gewalt gegen indigene Menschen. Die Energiekonzerne EnBW, Eon, RWE, Steag und Vattenfall etwa importieren Steinkohle aus Kolumbien und haben bis heute keine glaubwürdigen Strategien um sicherzustellen, dass diese „Blutkohle“ nicht von verbrecherischen Unternehmen wie Drummond, welche direkt mit Auftragsmorden an indigenen Aktivist*innen und Gewerkschaftler*innen in Verbindung zu bringen sind, geschürft wurde. Wie auch – es gibt keine „gute“ Kohle, die reinen Gewissens verfeuert werden kann! Denn die Rechte der Menschen aus den Abbauregionen werden immer mit verfeuert.

Solange internationale Konzerne im globalen Süden hemmungslos Raubbau betreiben können und sich bei der Vertuschung von Einschüchterung, Bedrohung, Vertreibung und Ermordung von Menschenrechts- und Umweltaktivist*innen, sowie Gewerkschaftler*innen und lokalen Gemeindevertreter*innen nicht einmal besonders viel Mühe geben müssen, solange geht das Morden weiter. Auch deshalb brauchen wir ein starkes Lieferkettengesetz, deutsche Unternehmen müssen entlang ihrer gesamten Lieferkette die Einhaltung der Menschenrechte gewährleisten – und sich für die Verbrechen, die sie begehen, vor Gericht verantworten.