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Massenabschiebungen aus Algerien und Marokko nach Niger, Senegal und Guinea

Nach Informationen der Organisation Alarm Phone Sahara kam es Anfang Oktober zu mehr als 2.500 offiziellen und inoffiziellen Abschiebungen aus den Maghreb-Staaten Algerien und Marokko. Rund 1.000 der Menschen wurden dem Bericht folgend „inoffiziell“, also ohne Beteiligung der Botschaften der Zielländer, aus Algerien in das Nachbarland Niger abgeschoben. Algerien ist bekannt für erbarmungslose Abschiebungen in die Wüste, bei denen Menschen häufig in der Nacht in der Nähe der Grenze zu Niger ausgesetzt werden und dann noch dutzende Kilometer zu Fuß gehen müssen. Lokale Organisationen dokumentieren, wenn möglich, die Leichen von Menschen, die diese Tortur nicht überleben. Azizou Chehou, der das Büro von Alarm Phone Sahara in Agadez leitet, berichtet: „Als Lehrer bin ich vor einer Weile öfter in Dörfer in der Wüste gefahren, um dort Kinder zu unterrichten – auf dem Weg habe ich immer wieder Leichen von Menschen gesehen, die es nicht geschafft haben. Es ist eine Katastrophe.“ Selbst wenn die Menschen rechtzeitig gefunden werden, gibt die Infrastruktur in der Gegend die notwendige Versorgung häufig nicht her. Chehou: „(…) diese Menschen sind oft in einer schlimmen Verfassung: Sie sind tagelang ohne Wasser durch die Wüste geirrt, viele sind psychisch verwirrt.“

Die Massenabschiebungen aus den Maghreb-Staaten in Sub-Saharaländer sind direktes Element der EU-Externalisierungspolitik. Niger war jahrhundertelang ein Drehkreuz der Migration, sowohl für lokale Arbeitsmigration als auch auf den Migrationsrouten nach Europa. Seit einem auf Druck der EU hin beschlossenen Gesetz zur Bekämpfung des Schleuserwesens werden seit 2015 fast alle Aktivitäten rund um Migration kriminalisiert. In der Folge ist die Zahl der Migrant*innen offiziell stark gesunken und Niger wurde zum Vorposten des EU-Abschottungsregimes. In der Realität aber durchqueren nach wie vor unzählige schutzsuchende Menschen die Region, sie müssen nun jedoch deutlich gefährlichere Routen nehmen, sind der Gewalt von Schlepperbanden noch unkontrollierter ausgesetzt, kommen noch schlechter an Informationen und Unterstützung durch NGOs und UNHCR. Durch die von der EU als Erfolg bewerteten Migrationsabkommen mit Niger, Äthiopien, Mali, Nigeria und Senegal ist die Sahara zum Todesstreifen geworden – seit 2015 sind dort Schätzungen der IOM zufolge doppelt so viele geflüchtete Menschen wie im Mittelmeer gestorben. 

Abschottung, Migrationsbekämpfung und Massenabschiebungen erzeugen unglaubliches menschliches Leid und tragen noch nicht einmal ansatzweise zur Lösung bestehender Probleme bei. Der Weg kann nur in der Schaffung legaler und sichere Fluchtrouten, verbundenen mit einer konsequenten Friedenspolitik liegen!

Quelle Zitate: https://www.spiegel.de/politik/ausland/alarmphone-sahara-wie-private-retter-versuchen-migranten-aus-der-todeszone-zu-holen-a-1282608.html

https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/fluechtlinge-erzaehlen/doaa-aus-syrien/

Quelle für Massenabschiebungen: https://alarmephonesahara.info/en/reports/new-wave-of-deportations-more-than-2500-citizens-from-sub-saharan-countries-deported-from-algeria-and-morocco-on-a-large-scale