kleine Anfragen

JRC Karlsruhe offensichtlich an Erforschung neuer Nuklearbrennstoffe beteiligt / Bundesumweltministerium nimmt Atomaufsicht nicht ernst genug

JRC Karlsruhe offensichtlich an Erforschung neuer Nuklearbrennstoffe beteiligt / Bundesumweltministerium nimmt Atomaufsicht nicht ernst genug

Die Gemeinsame Forschungsstelle bei der Europäischen Kommission bzw. das Joint Research Center (JRC) in Karlsruhe wird derzeit um den Neubau des Gebäudes „Flügel M“ erweitert. In diesem soll an Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen geforscht werden. Das Gebäude befindet sich derzeit im Bau. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das JRC in Karlsruhe Beiträge zur Entwicklung neuer Atomreaktoren, insbesondere der vierten Generation liefert, obwohl Deutschland beschlossen hat aus der Atomenergie auszusteigen.

Im neuen Gebäude sollen u. a. 180 Kilogramm Plutonium, 50 Kilogramm Uran 233 und 300 Kilogramm schwach angereichertes Uran sowie 30 Kilogramm Neptunium und 450 Kilogramm Thorium verwendet werden. Dies sind ungewöhnlich große Mengen Nuklearmaterial für eine Forschungseinrichtung. Zurecht machen sich die Menschen im Raum Karlsruhe Sorgen um ihre Gesundheit und Sicherheit.

Ich habe deshalb Fragen an die Bunderegierung zum JRC gestellt (Kleine Anfrage „Atomforschung am Joint Research Center JRC am Standort Karlsruhe, Bundestagsdrucksache 19/23968). Die Antworten lassen allerdings Zweifel aufkommen, dass die Bundesregierung den Atomausstieg und die Atomaufsicht ernst nehmen:

Insgesamt verschlingt der seit ca. 7 Jahren in Bau befindliche „Flügel M“ 70 Mio. Euro und soll in 2023 den Betrieb aufnehmen. Der Betrieb selbst kostet jährlich noch einmal mindestens zwei Mio. Euro. Ein Schwerpunkt der Forschung ist nach Auskunft der Bundesregierung die Sicherheitsbewertung von nuklearen Brennstoffen unter Betriebs- und Unfallbedingungen und deren Wechselwirkungen mit der Reaktorumgebung.

Wie befürchtet wird damit ganz offensichtlich am Standort in Karlsruhe an Reaktortechnologien weitergeforscht, obwohl Deutschland aus der Nutzung der Atomenergie aussteigt. Zwar ist das JRC nicht unmittelbar an der Entwicklung neuer Reaktoren beteiligt, liefert aber erforderliches Wissen zu Kernbrennstoffen und Brennstäben.

Die Bundesregierung kann zudem nicht erklären, warum das JRC derart große Mengen an radioaktiven Stoffen verwendet. Es ist erstaunlich, dass sich die Forschungseinrichtung ganz gezielt große Mengen radioaktiver Stoffe genehmigen lässt, die Bundesregierung aber nicht in der Lage ist, diese speziellen Forschungszwecken zuzuordnen. Der Umgang mit radioaktiven Stoffen in Forschungseinrichtungen sollte sehr genau geplant, begründet und dokumentiert sein. Das pauschale Bunkern von Plutonium und Uran durch das JRC stellt ein nicht hinnehmbares Risiko für die Bevölkerung dar. Es handelt sich schließlich nicht um Klopapier. Kleine Anfrage Joint Research Centre Antwort

Völlig unklar ist auch, von welchen Einrichtungen das JRC radioaktives Material für die Forschung im „Flügel M“ beziehen wird. Das lässt sich nach Aussage der Bundesregierung „derzeit nicht vorhersagen“. Die Forschung mit radioaktiven Materialien erscheint nicht besonders vertrauenserweckend, wenn niemand weiß woher und wohin das Material geliefert wird. Immerhin fanden bereits jetzt jährlich rund 100 Transporte mit radioaktivem Material vom und zum JRC statt. Das bedeutet über 100 Transporte mit radioaktivem Material pro Jahr die auf der Straße oder Schiene stattgefunden haben. In 2019 waren es über 80 Transporte aus Europa und 20 Transporte aus anderen Staaten.  Mit Blick auf die erheblichen Mengen genehmigten radioaktiven Materials ist anzuzweifeln, dass sich die „Anzahl der Transorte etwa im Bereich der Vorjahre bewegen“ wird. Wir fragen uns, ob das Bundesumweltministerium die Atomaufsicht ernst genug nimmt.

Hier die vollständige, beantwortete Kleine Anfrage:

Kleine Anfrage Joint Research Center Antwort