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Die Situation im zentralen Mittelmeer im Juli 2020

Im Juli hat die aus kriminellen Milizen rekrutierte sogenannte libysche Küstenwache im Auftrag der EU mindestens 1.030 Menschen in die libyschen Folterlagern verschleppt – und wurde dafür in einer Pressemitteilung der EU-Kommission vom 13.07.2020 ausdrücklich gelobt. Somit wurden 2020 bereits mehr als 6.500 Menschen an der Flucht vor Elend, Krieg und Hunger aus Libyen in die EU abgehalten. Die Journalistin Giulia Tranchina berichtete am 23.07.: „Eine Gruppe von mehr als 100 Migranten, die illegal nach Libyen zurückgeschickt wurden, wurde heute in das „offizielle“ Lager in Al-Khums/Souq-Al Khamis gebracht. (…) Einige versuchten zu fliehen, wurden aber erwischt und schrecklich gefoltert. Die libyschen Wachen des Lagers haben ihnen mit Metallstangen Arme und Beine Sie sind schwer verletzt und bluten an Kopf und Körper, aber niemand kann ihnen helfen.“ Das sind die Lager, in welche die EU Menschen bringen lässt. Am 28.07 berichtet IOM von drei Erschossenen und mehreren Verletzten, durch dortig machthabende Milizen, nach einem Fluchtversuch vom Ausschiffungspunkt in Khums. Das sind die Milizen,die die Menschen zurück in die Lager bringen und die von der EU ausgebildet und finanziert werden, um Menschen von der Flucht nach Europa abzuhalten. Nur zwei von vielen Geschichten, die Zustände sind unsagbar grausam.
Anfang Juli kam es direkt vor Europas Küste zu weiteren Szenen die zeigen, dass Humanität für die EU keine Rolle mehr spielt. 52 Menschen wurden in der maltesischen Rettungszone von dem Vieh-Frachtschiff MS TALIE gerettet. Ganze fünf Tage lang weigerte sich Malta die Menschen an Land zu lassen. Fünf Tage lang mussten die Geretteten auf dem Unterdeck im Viehmist ausharren, denn einen anderen Platz gab es an Bord nicht für so viele Menschen. Parallel wurde auch das Rettungsschiff OceanViking mit 180 Geretteten an Bord blockiert, erst nach sechs Suizidversuchen und der Ausrufung des Notstands an Bord ließ man die Menschen an Land – manche von ihnen waren mehr als 11 Tage auf See.
Am 08.07. und 22.07. wurden die beiden Rettungsschiffe SeaWatch3 und Ocean Viking von den italienischen Behörden mit den gleichen fadenscheinigen Argumenten festgesetzt, mit denen auch die Schiffe AlanKurdi und AitaMari wochenlang an ihrer Arbeit behindert wurden. Besonders angesichts der Tatsache, dass in den Sommermonaten aufgrund des guten Wetters noch mehr Menschen fliehen werden als zuvor, wird jedes Rettungsschiff benötigt. Die Schikane gegen zivile Seenotrettungsorganisationen kostet Menschenleben – alleine 24 Menschen sind im Juli im Mittelmeer verschollen und ertrunken.
Während Innenminister Seehofer im Interview mit der FAZ sagt, die Migrationspolitik sei „wieder im Gleichgewicht“ und es herrsche ein „vernünftiges Maß an Humanität“, treiben seit einigen Wochen mehrere Leichname auf dem Mittelmeer. Europa macht sich nicht die Mühe, die Körper zu bergen, sie zu identifizieren und die Verwandten zu informieren. Das also ist in der EU 2020 ein „vernünftiges Maß an Humanität“.