Aktuelles,  Menschenrechts-Ausschuss

Die Situation im zentralen Mittelmeer im Februar 2021

Schon im Januar hat sich eine heftige Zuspitzung der Fluchtmigration über das zentrale Mittelmeer abgezeichnet. Diese Entwicklung hat sich im Februar fortgesetzt und noch einmal enorm verschärft. Glücklicherweise konnte die zivile Rettungsflotte wieder erweitert werden: Neben den Such- und Rettungsschiffen Ocean Viking, Open Arms und Astral war auch die Aita Mari wieder im Einsatz und Ende Februar konnte endlich die Sea-Watch 3 nach langer Zwangspause zurückkehren. (Update 02.03.21: Auch die Sea-Watch 4 ist wieder im Einsatz) Nur dem Einsatz der Zivilgesellschaft ist es zu verdanken, dass es nicht zu weitaus mehr Todesfällen kam, als leider trotzdem zu beklagen sind.
 
Die fünf Schiffe konnten im Februar in 12 Rettungen insgesamt 1.035 Menschen in Seenot an Bord nehmen. 181 weiteren Menschen in drei Booten wurde assistiert und die Situation stabilisiert. Der Open Arms, Ocean Viking und Aita Mari wurden wie im Seerecht vorgesehen recht schnell sichere Häfen auf Sizilien zugewiesen. Die Sea-Watch 3 hat Ende Februar innerhalb von drei Tagen 363 Menschen aus Seenot gerettet und braucht nun dringend einen Port of Safety. (Update 03.03,21: Die Sea-Watch 3 hat einen Port of Safety zugewiesen bekommen; Augusta, Sizilien) Neben den Rettungen durch zivile Rettungsschiffe nahmen am 20. Februar auch die beiden Fracht- und Handelsschiffe Esso Trenta und VOS Triton rund 250 und 77 Menschen auf und brachten sie nach Sizilen/Lampedusa. Im Fall der VOS Triton wird derzeit in der Frage ermittelt, warum der Frachter zunächst Kurs auf Libyen nahm, dann jedoch umkehrte und Lampedusa ansteuerte.
 
Leider sind im Februar mindestens 118 (Stand 02.03.2021) Menschen im Mittelmeer verschollen, ertrunken oder auf der Überfahrt vor Erschöpfung und Durst gestorben. Bei einem Schiffbruch am 20. Februar kamen laut IOM vermutlich 41 Menschen ums Leben. Am 28. Februar ertranken vor der libyschen Küste mindestens 15 Menschen, die rund 95 Überlebenden wurden von der sogenannten libyschen Küstenwache zurück in das nach wie vor völlig instabile Land gebracht. Im Februar war die Zahl der „Pullbacks“ durch die sogenannte libysche Küstenwache erschreckend. Nach aktueller Schätzung der IOM Libya wurden im Februar rund 3.480 Menschen abgefangen und zurück verschleppt. In den ersten acht Wochen des Jahres wurden also somit fast 4.000 Menschen an der Flucht aus Libyen über das Mittelmeer gehindert. Zwar sind inzwischen viele der offiziellen Detention Center in Libyen geschlossen, eine Verbesserung der Situation geflüchteter Menschen bedeutet dies jedoch keinesfalls – vielmehr drohen die Zustände in inoffiziellen Lagern von Menschenhändlern und Schleusernetzwerken noch unsichtbarer zu werden.
 
Das System der EU funktioniert, der Türsteher Libyen macht die wichtige Fluchtroute über das Mittelmeer immer weiter dicht. Das Leid von schutzsuchenden Menschen wird dabei kaum weniger, sondern verschiebt sich lediglich. Die Verantwortung für die damit zusammenhängenden Menschenrechtsverletzungen kann die EU so immer leichter von sich weisen. Doch damit dürfen wir die Entscheidungsträger*innen nicht durchkommen lassen! Nieder die Festung Europa, Seenotrettung statt Pushbacks im Auftrag der EU.