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5 Jahre EU-Türkei-Deal – Meilenstein in der menschenrechtlichen Abwärtsspirale der EU-Migrationspolitik

Wird öffentlich über die katastrophale Situation in den Lagern auf den griechischen Inseln berichtet, so fallen oft Beschreibungen wie „humanitäre Krise“ oder „politisches Versagen“. Das legt nahe, es handele sich bei den Missständen um kaum vermeidbare, naturkatastrophenähnliche Situationen, auf die politisch unzureichend reagiert wird. Das ist falsch. Die Situation in Lagern wie Vathy auf Samos oder Kara Tepe auf Lesbos ist die Folge bewusster politischer Entscheidungen – und diese werden nicht etwa korrigiert, sondern vielmehr zementiert. Ein Meilenstein in der Abwärtsspirale der menschenrechtlichen Lage an den EU-Außengrenzen stellt die heute vor fünf Jahren veröffentlichte EU-Türkei-Erklärung dar. 

Diese, als Pressemitteilung auf der Homepage des Europäischen Rats und des Rats veröffentlichte, Erklärung beinhaltete einen Deal, der von Anfang an, rechtlich betrachtet, auf mehr als nur wackligen Füßen stand. Die Vereinbarung sieht vor allem vor, dass asylsuchende Menschen, die die Türkei als Transitland genutzt haben und auf den griechischen Inseln erstmals das Territorium der EU betreten, möglichst schnell wieder in die Türkei abgeschoben werden sollen. Grundlage dafür ist, dass die Türkei als ein für die asylsuchende Person „sicherer Drittstaat“ definiert wird. Zur Umsetzung des politischen Ziels ist also eine pauschale Ausblendung von Missständen in der Türkei, die eine Anerkennung des Landes als „sicher“ unmöglich machen würden, vorprogrammiert. Politische Verfolgung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, mangelhafter Flüchtlingsschutz, Abschiebungen nach Syrien, Zurückweisungen an der Grenze, Einschränkung von Freiheitsrechten, völkerrechtwidrige Kampfhandlungen – alles faktisch in der Türkei gegeben, aber aus Sicht der EU nicht relevant, sobald es um die Abschottung gegenüber geflüchteten Menschen geht. 

Der EU-Türkei-Deal steht zudem im direkten Zusammenhang mit dem, im Jahr zuvor vorgestellten und implementierten, sogenannten Hotspot-Konzept der EU. Dieses sieht die Errichtung von Lagern, unter der Leitung der EU, in Regionen mit hohem Migrationsdruck vor und hatte die Entstehung der sogenannten EU- Hotspots auf den griechischen Inseln Chios, Lesbos, Samos, Leros und Kos zur Folge. Dort werden seitdem mit Unterstützung von Frontex, Europol und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) alle ankommenden Menschen registriert und einer Befragung unterzogen, bei der die Möglichkeit der direkten Abschiebung in die Türkei geprüft wird. In Verbindung des Hotspots-Konzepts und des EU-Türkei-Deals wurden faktisch Freiluftgefängnisse an den EU-Außengrenzen geschaffen, in denen die Menschen völlig entrechtet und unter inhumanen, menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten werden. Diese Lager dienen dabei nicht der Aufnahme, sondern der Organisation von Abschiebungen, Abschreckung und Kontrolle.  

Der EU-Türkei-Deal vom 18. März 2016 war ein wichtiger Schritt für die fortschreitende Umsetzung einer militarisierten Abschottungs- und Abschreckungspolitik, für welche die EU jeden menschenrechtlichen Anspruch an sich selbst aufgegeben zu haben scheint. DIE LINKE fordert das Ende dieser Politik und einen grundsätzlichen Richtungswechsel. Die Aufkündigung des EU-Türkei-Deals und die Evakuierung und Auflösung aller Lager an den Außengrenzen sind dabei längst überfällig und gehören sofort umgesetzt.