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Antwort auf kleine Anfrage zu Frontex: Keine Konsequenzen zu erwarten

Der Fall Frontex und Menschenrechtsverletzungen beschäftigt zur Zeit neben der Anti- Betrugsbehörde OLAF auch eine Prüfgruppe des EU-Parlaments und des Verwaltungsrat der Agentur. Längst ist passiert, was ich in einem Artikel auf der Plattform Freiheitsliebe [1] vor einer Weile beschrieben habe: Grundsätzliche, strukturelle Veränderung ist vom Tisch und stand auch nie so wirklich zur Debatte. Stattdessen zeichnet sich die Tendenz ab, dass Pushbacks nicht mehr grundsätzlich bestritten, sondern viel mehr als legales und legitimes Vorgehen dargestellt werden. Damit vollzieht sich genau die Erosion völkerrechtlicher Grundsätze, vor der immer wieder gewarnt wird. 

Wie aber äußert sich die Bundesregierung dazu? In einer kleinen Anfrage haben wir im Februar noch einmal nachgehakt und Fragen zu Menschenrechtsverletzungen in der Ägäis, in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und dem Mittelmeer, sowie zur mangelnden Transparenz und zur geplanten Bewaffnung von Frontex gestellt. Im Folgenden einige Schlaglichter auf Passagen in der Antwort.

Grundsätzlich verliert das Bundesinnenministerium, wie zu erwarten, kein einziges kritisches Wort zu Frontex und den Vorwürfen. Die ausführlichen Berichte und Beweise zu Pushbacks in der Ägäis werden mit einem Verweis darauf weggewischt, dass die griechische Regierung die Vorwürfe zurückgewiesen habe – auf die Berichte von NGOs, Betroffenen und Journalist*innen wird dabei gar nicht erst eingegangen. Stattdessen werden, wie so oft, die rechtlichen Rahmenbedingungen heruntergebetet, ohne sie jedoch in Bezug zur Frage zu setzen. 

Danach erkundigt, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Vorwürfen gegen Frontex und den immer neuen Skandale zieht, antwortet das Bundesinnenministerium: „Hinsichtlich der deutschen Beteiligung an Frontex-koordinierten Einsatzmaßnahmen sind gegenwärtig keine Änderungen geplant.“ Alles geht also weiter wie bisher, die Beteiligung von Deutschland an der vom Verwaltungsrat der Agentur eingesetzten Arbeitsgruppe zu den Vorfällen ist das Maximum an Reaktion. Die Bundesregierung sei der Auffassung, so wird nochmal klargestellt, dass „die völker- und europarechtlichen Bestimmungen und insbesondere das Gebot des Non-Refoulement bei allen Einsätzen von Frontex einzuhalten sind“ – das ist beruhigend, sollte aber außer Frage stehen. 

Bei der Frage nach der lange überfälligen und seit Monaten verschleppten Einstellung von 40 Grundrechtsbeobachter*innen durch Frontex stellt sich das Bundesinnenministerium in Gänze hinter die Agentur, verliert kein einziges kritisches Wort und behauptet, dass Personal wird zeitnah ausgewählt. Die Vorbereitung für die Bewaffnung von Frontex läuft derweil weiter. So gibt die Bundesregierung an, dass die Waffen in Polen registriert werden und seit dem 15. Februar 2021 eine öffentliche Ausschreibung für Dienstwaffen, Munition und Zubehör läuft. An der Stelle scheint es also, anders als bei den Grundrechtsbeobachter*innen, voranzugehen – die Prioritäten sind klar.

Zu den schier unerträglichen Berichten von gewaltvollen Pushbacks und Misshandlung geflüchteter Menschen in Kroatien befragt, antwortet das Bundesinnenministerium, dass dazu keine eigenen Berichte vorliegen. Deutschland spendet also Geländewagen und Wärmebildgeräte an die kroatische Grenzpolizei, ohne den zahlreichen Berichten zu folterähnlichen Misshandlungen von Menschen durch die Empfänger der Ausstattung selbst nachzugehen? Offensichtlich steht hier die militarisierte Abschottung über den Menschenrechten. 

Die Antwort des Bundesinnenministeriums auf unsere kleine Anfrage macht zusammengefasst einmal mehr deutlich, wo die Bundesregierung in der Sache steht. Druck auf Frontex hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und mehr Transparenz ist nicht zu erwarten – kein Wunder, zwischen die Position des Bundesinnenministerium und der von Frontex passt kaum ein Blatt Papier. 

[1] https://diefreiheitsliebe.de/politik/ferries-not-frontex/

Zur kleinen Anfrage und der Antwort der Bundesregierung