Aktuelles,  Menschenrechts-Ausschuss

Bericht der Frontex-Prüfgruppe: Frontex duldete und vertuschte Menschenrechtsverletzungen

Heute wurde der Bericht der Frontex-Prüfgruppe im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments vorgestellt. Diese fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe hatte Monate lang die Vorwürfe gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex untersucht. Die Ergebnisse machen deutlich: In der Ägäis kommt es zu massiven Menschenrechtsverletzungen an fliehenden Menschen und Frontex weiß davon. Die Rechtsbrüche wurden jedoch von der Agentur systematisch ignoriert. Belastendes Material, teilweise von der Frontex-eigenen Luftaufklärung, wurden intern blockiert und zum Teil vernichtet. Gegenüber der Öffentlichkeit und dem Europäischen Parlament kam es immer wieder zu Desinformation und Lügen durch Frontex-Exekutiv-Direktor Leggeri.

Der Bericht zeigt auch, wie wirkungslos die internen Kontrollmechanismen von Frontex sind. Stellungnahmen, Anfragen und Warnungen der Grundrechtsbeauftragten und des Konsultativforums, welches ebenfalls für die Überwachung der Einhaltung von Grundrechten zuständig ist, wurden ignoriert und wie im Falle von Ungarn seit Jahren übergangen. Die verpflichtende Einstellung von 40 zusätzlichen Grundrechtsbeobachter*innen wurde über Monate verschleppt und ist mehr als ein halbes Jahr nach der Frist erst zur Hälfte abgeschlossen. Zusätzlich wird nur ein kleiner Teil der 20 bisher eingestellten Beobachter*innen überhaupt an die Orte des Geschehens gelassen.

Bei der Vorstellung des Berichts im Ausschuss versuchten die Konservativen (die Konservativen aus Malta hatten den Vorsitz) die Ergebnisse auf Biegen und Brechen als Entlastung und Legitimation von Frontex auszulegen. Der Bericht habe ergeben, dass Frontex nicht selbst Pushbacks durchführt, also nicht selbst aktiv Hand anlegt. Dieses Argument ist absurd: Erstens ging es bei den Vorwürfen nie darum, dass Frontex selbst Pushbacks durchführen soll. Es ging immer darum, dass Frontex strukturell unterstützt und Menschenrechtsverletzungen vertuscht. Die Handlung selbst wird letztendlich von nationalen Grenzpolizist*innen durchgeführt – denn genau das macht das System Frontex aus. Zweitens hatte die Prüfgruppe ausdrücklich nur sehr begrenzten Zugang zu Informationen, welche überwiegend von Frontex selbst zur Verfügung gestellt wurden. Die Berichte zahlreicher NGOs hingegen finden im Bericht wenig bis keine Beachtung. Der Bericht beweist also nicht Frontex‘ Unschuld, im Gegenteil: er fasst fundiert und auf 17 Seiten gleich eine Reihe inakzeptabler Vergehen zusammen.

Die Rechtslage der Frontex-Verordnung ist eindeutig: Frontex muss die Operation der Ägäis kurzfristig wegen anhaltender und schwerer Menschenrechtsverletzungen beenden! Dafür ist irrelevant, ob Frontex direkt beteiligt ist oder nicht, Artikel 46 der Verordnung lässt da keine Zweifel offen. Und ich bleibe dabei: Die menschenfeindliche Institution Frontex ist nicht reformierbar und gehört langfristig aufgelöst! #AbolishFrontex