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Frontex verklagen – Gespräch mit Omer Shatz von Front-LEX

Heute habe ich Omer Shatz, Anwalt für internationales Recht und Teil der Initiative Front-LEX zu einem Hintergrundgespräch mit anderen Abgeordneten und Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen eingeladen. Omer Shatz hat gemeinsam mit dem weiteren Front-LEX-Anwalt Iftach Cohen, sowie mit den Anwältinnen Loica Lambert und Mieke van den Broeck vom Progress Lawyers Network vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen Frontex eingereicht.
 
Geklagt wird im Namen zweier Asylsuchender, die über das östliche Mittelmeer Lesbos erreichten. Dort wurden sie von griechischen Grenzbeamt*innen gewaltsam zusammengetrieben, ausgeraubt, entführt und zurück auf See verschleppt, wo sie auf Rettungsflößen ohne Möglichkeiten der Navigation, ohne Nahrung oder Trinkwasser zurückgelassen wurden. Was die beiden erlebt haben, steht für die systematische Abschottungspraxis der EU.
 
Den Anwält*innen geht es um die strukturelle Komplizenschaft von Frontex bei illegalen Pushbacks in der Ägäis. Am 15. Februar hatten sie den Frontex-Exekutivdirektor Fabrice Leggeri dazu aufgefordert, die Operationen Poseidon in der Ägäis aufgrund der vielfach dokumentierten schwerwiegenden und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen auszusetzen. Dazu wäre Leggeri nach Artikel 46 der Frontex-Verordnung rechtlich verpflichtet. Dieser Aufforderung kam Frontex jedoch nicht nach, weshalb am 25. Mai Klage eingereicht wurde. Europäische Grenzbeamt*innen verstoßen seit Jahren auf europäischem Boden gegen europäisches und internationales Recht, ohne dafür rechtlich belangt zu werden. Damit ist nun Schluss!
 
Omer Shatz hat in dem Gespräch auch die Rolle und Verantwortung der EU-Mitgliedsstaaten hervorgehoben. Diese wälzen die Verantwortung genau wie die EU-Institutionen gerne an Frontex oder die Mitgliedsstaaten am Mittelmeer ab, ignorieren dabei jedoch, dass auch sie laut Art. 46 Abs. 2 der Frontex-Verordnungen die Aussetzung von Frontex-Operationen einfordern, ihre Beamt*innen aus Einsätzen abziehen und logistische wie finanzielle Unterstützung einstellen können. Die menschenverachtende Abschottung der Grenzen gegenüber Fliehenden und Schutzsuchenden bleibt jedoch der kleinste gemeinsame Nenner und weitestgehend Konsens der Mitgliedsstaaten.
 
Umso wichtiger sind rechtliche Vorstöße wie die von Front-LEX, Omer Shatz und den anderen Beteiligten. Auch der politische Widerstand der Zivilgesellschaft und der Opposition darf nicht nachlassen. Gemeinsam müssen und können wir das System Frontex zu Fall bringen!