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Die Situation im zentralen Mittelmeer im Mai 2021

811 Menschen hat das Missing Migrants Project als in diesem Jahr im Mittelmeer als verschollen und verstorben dokumentiert. So viele Menschen ertranken in diesem Zeitraum seit 2017 nicht mehr. Auch im Mai bleibt die Situation im zentralen Mittelmeer katastrophal. Mindestens 181 Menschen überlebten den Versuch der Flucht über das Mittelmeer nicht. Am 18. Mai etwa ertranken mindestens 50 Menschen vor der Küste Tunesiens. Die Trauer und das Leid sind jedoch nicht in Zahlen zu fassen. Es ist schlicht entsetzlich, was die EU an ihren Außengrenzen tut. Für jeden Toten trägt sie Verantwortung. Seit Anfang Mai kreist eine hochmoderne Frontex-Drohne über dem zentralen Mittelmeer, um Seenotfälle aufzuspüren – nicht aber, um Rettung an sichere Orte einzuleiten, sondern meistens wohl eher, um Pushbacks durch die sogenannte libysche Küstenwache einzuleiten.

Die Zahl dieser EU-finanzierten und beauftragten Pushbacks nach Libyen war im Mai unfassbar hoch. Stand 29.05. wurden laut IOM 3.334 Menschen auf See abgefangen und nach Libyen zurückgezwungen, darunter mindestens 102 Kinder. Ich werde nicht müde, es zu sagen: In Libyen drohen den Menschen schlimme Menschenrechtsverletzungen. Die EU müsste alles tun, um Menschen in Sicherheit zu bringen und ihnen Schutz zu bieten – tut sie aber nicht. Deshalb kämpfen die Seenotrettungsorganisationen weiter mit aller Kraft gegen das Sterben und die Pushbacks. Die Sea-Watch 4 rettete Anfang Mai 148 Personen, nachdem sie bereits in den Tagen zuvor 308 Menschen in Seenot an Bord genommen hatte. Nach der Ausschiffung in Trapani wurde sie von den Behörden festgesetzt. Die Sea-Eye 4 konnte in ihrem ersten Einsatz bei sechs Rettungen rund 400 Menschen sicher an Bord nehmen und am 22. Mai nach erheblicher behördlicher Schikane in Pozallo an Land bringen. Auch die Sea-Eye 4 wurde festgesetzt. Der Vorwurf: Zu viele Menschen seien gerettet und transportiert worden. Auch die Aita Mari rettete Ende Mai 50 Menschen. Die NGO Ärzte ohne Grenzen hat ein neues Schiff ins Mittelmeer geschickt, die Geo Barents. Dieses erreichte im Mai die Such- und Rettungszone und musste mehrere Pushbacks der sogenannten libyschen Küstenwache bezeugen.

Die EU leugnet vehement ihre Verantwortung für das Geschehen im Mittelmeer. Dabei ist völlig klar: Wer eine aktive Politik des Sterbenlassens betreibt, hat weder den Friedensnobelpreis noch ein Selbstbild mit Menschenrechten im Zentrum verdient. Die EU betreibt eine verbrecherische Politik, die mit aller Kraft gestoppt gehört. Menschenrechte sind unverhandelbar.