Aktuelles

Situation im zentralen Mittelmeer im Juli 2021

Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren zeigt, dass in den Sommermonaten die Zahl derer, die über das Mittelmeer zu fliehen versuchen, steigt – und gleichzeitig auch die Zahl der Todes- und Vermisstenfälle. Leider scheint die Tendenz dieses Jahr ähnlich: Mindestens 252 Menschen wurden im Juli vom Missing Migrants Project als im Mittelmeer vermisst oder verstorben dokumentiert. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen. Damit ist der Juli der bisher tödlichste Monat des laufenden Jahres. Wir dürfen nie vergessen, dass hinter jeder schnell genannten Zahl eine zerbrochene Welt steht, trauernde Familien und Freund*innen, geplatzte Träume und Hoffnungen. Kein Mensch bleibt unvergessen.

Zum Glück waren im Juli wieder vier Rettungs- und Beobachtungsschiffe im Einsatz. Nachdem die Geo Barents von Ärzte ohne Grenzen Anfang des Monats festgesetzt wurde, stachen die Segelschiffe Astral (Open Arms) und Nadir (RESQSHIP) in See. Die Ocean Viking (SOS Méditerranée) fuhr zwei Einsätze und auch die Sea-Watch 3 konnte nach langer Zwangspause wieder auslaufen. Gemeinsam konnten 858 Menschen aus Seenot gerettet und 400 weiteren assistiert werden, bis die staatliche Küstenwache antraf. Ich danke allen Seenotretter*innen und Menschenrechtsbeobachter*innen im Mittelmeer für ihren unermüdlichen Einsatz.

Die EU aber setzt weiterhin auf systematische Massenpushbacks durch die von ihr bezahlte, ausgebildete und ausgerüstete sogenannte libysche Küstenwache. Wieder wurden innerhalb eines Monats mehr als 4.000 Menschen abgefangen und zurück in die Folterlager verschleppt. Fast  20.000 Menschen wurden auf diese Weise dieses Jahr daran gehindert in der EU ihr Recht auf Asylantragstellung wahrzunehmen. Wie weit die sogenannte Küstenwache dabei geht zeigte sich am 1. Juli: Die sog. libysche Küstenwache jagte in der maltesischen Rettungszone ein Boot mit Fliehenden, feuerte Schüsse in ihre Richtung ab und rammte sie mehrmals beinahe. Schließlich entkamen die Menschen, der Eindruck der hemmungslosen Gewalt dieser Jagd auf schutzsuchende Menschen aber bleibt. Später im Monat drohte die sog. libysche Küstenwache der Crew der Sea-Watch 3 mit Festnahme und deutete die Such- und Rettungszone zum Hoheitsgewässer um.

Jeden Monat aufs Neue zeigt sich, wie menschenfeindlich und kaputt die Migrationspolitik der EU ist und wie skrupellos über jede noch so gravierende Menschenrechtsverletzung hinweggesehen wird. Doch diese Politik ist niemals alternativlos! Es ist an uns, die Festung Europa zu Fall zu bringen.