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Auswertung meiner kleinen Anfrage zu der menschenrechtlichen Situation in libyschen Lagern und der Rolle der sogenannte libyschen Küstenwache

In einer Kleinen Anfrage habe ich die Bundesregierung ausführlich zur menschenrechtlichen Situation in libyschen Detention Centers und der Rolle der sogenannten libyschen Küstenwache in der EU-Migrationspolitik befragt. Die Antworten zu drei zentralen Fragen sind als Verschlusssache eingestuft und dürfen nicht veröffentlicht werden, da es um Informationen geht, deren „Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein könnte“. Zudem würden die Antworten „Informationen zu den Fähigkeiten und Methoden des Bundesnachrichtendienstes“ offenlegen.

Schon dieser Umgang mit für die Öffentlichkeit extrem relevanten Informationen ist ein Skandal. In den betreffenden Fragen geht es um Orte, in denen geflüchtete Menschen von Schleusern festgehalten werden, die Zahl der Abschiebungen aus Libyen in südliche Nachbarländer und – besonders interessant – die Kenntnisse der Bundesregierung darüber, inwieweit Angehörige von kriegerischen Milizen, Menschenhändlern, Schmugglern und anderweitig kriminell Agierende in Organen der sogenannten libyschen Küstenwache eingebunden sind.

2021 wurden fast 20.000 Menschen von der EU-finanzierten, ausgestatteten und ausgebildeten sogenannten libyschen Küstenwache häufig mit Hilfe von Frontex auf der Flucht abgefangen und zurück nach Libyen gezwungen. Dort ist die Lage nach Angabe der Bundesregierung nur „oberflächlich beruhigt“ und weiterhin „fragil“. Nach der Rückführung an das Festland werden die Menschen, so gibt die Bundesregierung zu, meist in Detention Centers gebracht. Nach der Situation in diesen Lagern gefragt, erkennt sogar die Bundesregierung an: „Die Situation in den libyschen Detention Centers ist nach wie vor inakzeptabel. Es kommt regelmäßig zu teils schweren Menschenrechtsverletzungen.“ Allein in den offiziellen Lagern betrafen diese Zustände im Juni 2021 nach Kenntnis der Bundesregierung mehr als 6.000 Menschen.

Zur Kooperation mit der sogenannten libyschen Küstenwache weist die Bundesregierung darauf hin, dass Frontex „aufgrund internationaler seenotrechtlicher Bestimmungen verpflichtet [sei], alle umliegenden Seenotrettungszentren unverzüglich und ungeachtet, in welchem Land sich diese befinden, über das Vorliegen eines Seenotrettungsfalls zu unterrichten“. Mit dieser Argumentation wird bevorzugt die sogenannte libysche Küstenwache kontaktiert, so gut wie nie jeder zivile Seenotretter*innen. Um dieses System zu ermöglichen, hat die EU in den letzten Jahren angeblich ein völkerrechtlich notwendiges „Maritime Rescue Coordination Center“ (MRCC) in Libyen eingerichtet und ausgestattet. Nach wie vor kann jedoch niemand so recht sagen, wo sich dieses Koordinierungszentrum eigentlich befindet: „Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine eigenen Erkenntnisse zum Stand des Aufbaus eines MRCC in Libyen bzw. zu dessen Örtlichkeiten vor.“

Die Antwort der Bundesregierung hält noch weitere Informationen bereit, in den Kommentaren findet ihr den Link dazu. Zusammenfassend lässt sich einmal mehr feststellen, was seit Jahren deutlich ist: Die EU und in diesem Fall die Bundesregierung wissen um das Grauen, dass Menschen in libyschen Lagern erleben. Dennoch setzen sie alles auf das System massenhafter Pushbacks an genau diese Orte durch den Aufbau der sogenannten libyschen Küstenwache. Die Informationen dazu, wie diese zusammengesetzt ist und welche Verbindung sie zu Menschenhandel, Schmuggel und Milizen hat, will die Bundesregierung der Öffentlichkeit jedoch nicht zumuten. Ich halte diese Politik für ein Menschenrechtsverbrechen, das mit allen legitimen Mitteln zu stoppen ist!

Hier findet ihr die Kleine Anfrage:

Kleine Anfrage menschenrechtliche Situation in den libyschen Lagern und Rolle der sogenannten libyschen Küstenwache